Im Rahmen des Austauschprogrammes zwischen dem Institut für betriebswirtschaftliches Management im Fachbereich 12 der Universität Münster und der Dalian University of Technology (DUT), machten drei Kommilitonen und ich uns auf, ein Semester in China zu studieren. Die Vorbereitung dafür begann im Sommersemester 2018 mit einer übersichtlichen Bewerbungsemail an den zuständigen Doktoranden des Instituts. Es haben jedes Jahr bis zu fünf Studierende die Möglichkeit nach Dalian zu gehen.
Mit einem Studentenvisum und viel Vorfreude ausgestattet, kam ich Anfang März nach Dalian, wo ich von meinen Kommilitonen und unseren chinesischen Ansprechpartnerinnen, zwei sehr freundlichen Frauen mit den englischen Namen Dorothy und Rainbow, in Empfang genommen wurde. Durch ein Pflichtpraktikum konnte ich erst später anreisen, was den Vorteil hatte, dass die anderen mir schon bei vielen Dingen helfen konnten. Als Austauschstudenten waren wir der „School of International Education“ an der DUT zugehörig und für uns war die Teilnahme an einem Sprachkurs (10 h/Woche) sowie am „International Master of Business Administration“ (IMBA) vorgesehen.
Der Sprachkurs begann in der ersten Märzwoche, mit Klassen von etwa 15 Teilnehmern aus verschiedenen Ländern und wurde bald der Mittelpunkt meines akademischen Lebens in China. Nach fast zweiwöchiger Anlaufphase, in der ich zu verschiedenen Büros gehen musste, um Zugang zum Internet, einen örtlichen Studierendenausweis sowie eine Zugangs- und Geldkarte zu erhalten, fand ich langsam in den Rhythmus des Lebens vor Ort hinein. Der Sprachkurs erwies sich als recht umfangreich und mit Hausaufgaben, die den Lehrern vorgelegt werden mussten, Vorbereitung der nächsten Stunde sowie klassischem Vokabelpauken, konnte ich mich leicht ein bis drei Stunden pro Tag beschäftigen. Der Lernfortschritt wurde in regelmäßigen mündlichen sowie schriftlichen Tests abgeprüft und es war nicht immer ganz einfach, Schritt zu halten. Ich persönlich empfand es aber als gut machbar, zudem war ein intensiver Sprachkurs notwendig, um wenigstens die grundlegenden Dinge sagen und verstehen zu können. Tatsächlich war es mir, ohne Vorkenntnisse, nach wenigen Wochen möglich auf Chinesisch zu bestellen und dem einen oder anderen Wunsch Ausdruck zu verleihen. Gegen Ende des Kurses war ich sogar in der Lage, mein Handy gegen ein neues in Zahlung zu geben und dabei über den Preis zu verhandeln.
Der IMBA andererseits war eine enttäuschende Angelegenheit. Das Lehrprogramm war in sechs Kurse zu Themen im Wirtschaftsbereich mit jeweils ähnlicher Kursstruktur unterteilt. Nach Beendigung des zweiten Kurses habe ich festgestellt, dass die Kurse wohl wenig neues Wissen bringen würden und habe von einer weiteren Teilnahme Abstand genommen. Das englische Sprachniveau in den Kursen war recht niedrig und das Lehrtempo war langsam, der Inhalt mir größtenteils schon bekannt. Stattdessen konzentrierte ich mich lieber auf den Sprachkurs, der mir mehr und mehr Spaß bereitete, sowie auf mein soziales Leben in Dalian. Zusammen mit meinem deutschen Kommilitonen spielte ich in einer Fußballmannschaft der Uni-Liga, lernte dadurch auch einige Chinesen sehr gut kennen und schätzen. Auch machte ich die Bekanntschaft zahlreicher ausländischer Studierenden aus allen Teilen der Welt und durch Ausflüge, Partys und viele anregende Diskussionen flogen die Wochen nur so vorbei.
Zusammen mit meinen Freunden aus Deutschland reisten wir während des Semesters auch an verschiedene Orte im nördlichen China. Wir hatten Pfingstferien, zudem die Wochenenden frei und konnten auch den ein oder anderen Tag des Sprachkurses im Selbststudium nachholen, sodass wir schon während des Semesters Reisen nach Peking, Harbin, Dandong und Shanghai unternehmen konnten.
Am Ende des Semesters wurden die Chinesisch-Kenntnisse in einer Abschlussprüfung abgefragt, die zwar umfangreicher, aber vom Aufbau her den Zwischentests sehr ähnlich war. Die letzten Wochen in Dalian war auch die Zeit der Abschiedsfeiern und Beglückwünschungen für die Zukunft. Ich hatte einige gute Freunde gefunden, viel über China gelernt und war mir immerhin sicher, dass Mandarin zu meistern kein Hexenwerk ist.
Ich denke, der Aufenthalt in China hat mir in vielen Bereichen einen neuen Blick auf dieses riesige Land und seine Menschen gegeben, wo doch meine Meinungen bis dahin sehr von der hiesigen Berichterstattung und dem Internet abhingen. Dennoch bleiben mir viele Dinge und auch die Sprache in weiten Teilen ein Rätsel, aber meine Neugier wurde mit Macht geweckt und die ersten Kontakte sind hergestellt.
Berichtet von Simon Ritter